Welche Schulform für mein Kind? Der große Leitfaden

Katharina Looks

In Deutschland herrscht Schulpflicht. Doch welche Schulform ist die richtige?
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Gesamtschule? Ganztagsschule? Alternatives Schulkonzept? Es ist nicht immer leicht, zu entscheiden, welche Schulform für Ihr Kind die richtige ist. Wir geben Orientierung.

Zuerst in die Grundschule, dann auf eine weiterführende Schule – auf den ersten Blick recht simpel, oder? Doch sobald die Schulwahl naht, merken Familien schnell, dass Schulform nicht gleich Schulform ist und die Unterschiede zwischen den Bundesländern immens sind.

Wir geben einen Überblick über die gängigsten Schulformen, um Ihnen zu helfen, die richtige Schulform für Ihr Kind zu finden.

Hier können Sie direkt zu den Schulformen springen: anzeigen

1. Privat oder staatlich? Welche Schulform ist gut für mein Kind?

(Fast) alle Schulformen gibt es sowohl in staatlicher als auch in privater Hand. Privatschulen verlangen für ihre Leistungen ein Schulgeld. Das liegt daran, dass sie meist nicht vom Staat gefördert werden. Außerdem legen sie viel Wert auf individuelle Förderung, kleine Klassengrößen, Zusatzangebote und/oder besondere pädagogische Konzepte.

Die Kosten der Privatschulen variieren stark und liegen zwischen unter 50 Euro und über 1.000 Euro pro Monat. Der Besuch einer Privatschule bedeutet nicht immer einen garantierten Schulerfolg, da Angebot und Qualität stark schwanken. Nehmen Sie die Schulen, ob privat oder staatlich, immer genau unter die Lupe, wenn es darum geht, welche Schulform für Ihr Kind die richtige ist.

Tipp: Worauf legen Sie bei einer Schule wert? Finden Sie es heraus – mit unserer kostenlosen Checkliste zur Schulwahl!

2. Welche Grundschule ist die richtige für mein Kind?                       

Bei der Entscheidung, welche Grundschule zu Ihrem Kind passt, sind Sie leider nicht völlig frei (außer in Nordrhein-Westfalen). Die sogenannten Schulbezirke weisen Ihrem Kind entsprechende Grundschulen in der Nähe Ihres Wohnortes zu. Gefällt Ihnen die vorgesehene Schule nicht, bleibt oft nur der Besuch einer Privatschule (oder der Umzug in einen anderen Schulbezirk). In begründeten Fällen ist es möglich, beim zuständigen Schulamt einen Umschulungsantrag zu stellen. Mehr dazu: Der Schulbezirk und seine Ausnahmen von Rüdiger Schmidt (PDF, 5 Seiten)

Generell lohnt es sich, einen Blick über den Tellerrand zu werfen – so bieten einige Schulformen, wie Montessori oder Waldorf, besondere pädagogische Konzepte an, die vielleicht besser für Ihr Kind geeignet sind. Hier finden Sie einen Überblick alternativer Schulformen.

3. Welche Schule nach der Grundschule? Haupt-, Realschule oder Gymnasium?

Auch die Entscheidung darüber, ob Ihr Kind nach der Grundschule eine Haupt-, eine Realschule oder ein Gymnasium besucht, liegt nicht immer vollständig in Ihrer Hand. In vielen Bundesländern gibt es eine so genannte bindende Lehrerempfehlung, die – wie der Name schon sagt – feststellen soll, für welchen Bildungsgang Ihr Kind geeignet ist. Eine Leistungsstufe tiefer zu wählen, ist meist kein Problem. Anders sieht es aus, wenn ein Kind mit Realschulempfehlung auf das Gymnasium gehen möchte.

Und das ist im Interesse des Kindes gedacht. Nicht immer ist ein Gymnasium bzw. ein höherer Bildungsgang die beste Wahl. Einige Schüler fühlen sich auf der Realschule oder einer anderen Schule weitaus wohler und kommen besser mit. Stimmen die Noten, ist es immer möglich, einen Abschluss “draufzulegen”. Später kann ein höherer Bildungsabschluss auch auf dem zweiten Bildungsweg, zum Beispiel an einem Abendgymnasium, nachgeholt werden. In keinem anderen Land sind die Möglichkeiten dafür so vielfältig – es führt nicht nur ein Weg zum Ziel!

Wichtig ist, dass Ihr Kind nicht über- oder unterfordert ist, sondern gern zur Schule geht und entsprechend gefördert wird. Hören Sie auf den Rat der Lehrer und fragen Sie immer auch Ihr Kind, welche Schulform es besuchen möchte.

Tipp: Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie in unserem kostenlosen Ratgeber Schulwahl. Mit Tipps, Tricks und Checklisten, wie Sie die richtige Schule finden und die Schulzeit meistern!

4. Die Gesamtschule

Der Vorteil der Gesamtschule besteht darin, dass Sie nach der 4. Klasse noch nicht entscheiden müssen, welche Schulform für Ihr Kind die beste ist. Die (integrierte) Gesamtschule (im Gegensatz zur kooperativen) ist eine Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem (Gymnasium, Realschule und Hauptschule) und kombiniert die drei Schulformen miteinander. Die Schüler werden bis zu einem gewissen Grad gemeinsam unterrichtet und entsprechend ihrer Stärken und Schwächen durch spezielle Kurse gefördert.

Gesamtschulen werden nicht in allen Bundesländern angeboten und gleichzeitig haben sie in manchen Bundesländern die Realschule und Hauptschule komplett abgelöst. Eine Übersicht, welche Schultypen in den einzelnen Bundesländern vertreten sind, finden Sie hier.

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

“Ziel der Gesamtschulen ist es, dass Schüler gemeinsam lernen und sich die Gesellschaftsgruppen nicht bereits in der Schule fremd werden. Schüler sollen unabhängig von ihrem sozialen Background und Leistungsstand zusammen lernen”, heißt es auf bildungsexperten.net.

Außerdem ist der Übergang auf eine weiterführende Schule einfacher: Absolviert Ihr Kind beispielweise seine Mittlere Reife an einer Realschule, kann es sein Abitur nur an einem speziellen Aufbaugymnasium oder an einer Fachoberschule machen, und diese liegen nicht immer in unmittelbarer Nähe. Hat die Gesamtschule eine gymnasiale Oberstufe integriert, ist der höhere Bildungsabschluss in greifbarer Nähe. Ähnlich “einfach” gestaltet sich der Wechsel von der Haupt- auf die Realschule.

Ein weiterer Pluspunkt für die Wahl einer Gesamtschule ist, dass Schüler meist ein Jahr länger Zeit haben bis zum Abitur (G9), wie zum Beispiel an Hamburger Stadtteilschulen oder Berliner Sekundarschulen. An vielen Gymnasien wird das Abitur dagegen nach 12 Jahren (G8) abgelegt.

Das Konzept der Gesamtschule ist seit seiner Einführung in den 70er Jahren jedoch umstritten. Gegner führen an, dass Kinder, die eine Gesamtschule besuchen, entweder unter- oder überfordert sind. Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass alle Länder, die beim PISA-Test auf den vorderen Plätzen lagen, ein mehrgliedriges Schulsystem haben und nicht auf ein Gesamtschulen-System setzten.

5. Ganztagsschule

Bis zur 10. Klasse haben Schüler im Normalfall um 13:30 Uhr Unterrichtsschluss. In Ganztagsschulen geht das Betreuungsangebot an mindestens drei Tagen in der Woche über diesen Zeitrahmen hinaus. Auch Grundschulen werden schon in Form von Ganztagsschulen angeboten.

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

Hier liegt der Blick vor allem auf den Eltern. Wenige Eltern können ihr Kind ab dem frühen Nachmittag zu Hause betreuen. In so einem Fall ist diese Schulform möglicherweise die richtige Wahl. Doch nehmen Sie das Nachmittagsprogramm der Schule genau unter die Lupe: Entspricht das Mittagsessen Ihren Ansprüchen? Ist das Nachmittagsprogramm vielfältig und deckt es die Interessen Ihres Kindes ab? Viele Ganztagsschulen stehen leider in der Kritik, den Mindestanforderungen nicht gerecht zu werden (Zeit Online). Alternativ bieten Einrichtungen der öffentlichen und freien Jugendarbeit Nachmittagsbetreuung mit Hausaufgabenhilfe, Freizeitgestaltung und Mittagessen an. 

6. Förderschulen

In Förderschulen werden Kinder mit körperlichen, geistigen oder emotionalen Beeinträchtigungen und/oder Lernschwächen unterstützt. 

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

Hat Ihr Kind beträchtliche Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen und mit seinen Klassenkameraden mitzuhalten? Wirkt es stark über- oder unterfordert? Sprechen Sie mit Erziehern oder Lehrern Ihres Kindes und holen Sie deren Einschätzung ein. Eine Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs (PDF, 37 Seiten) kann bei der Schulbehörde beantragt werden. Sollte Ihr Kind förderbedürftig sein, können Sie sich immer noch für den Besuch einer Förderschule oder einer integrativen Klasse entscheiden. Auch Waldorfschulen nehmen förderbedürftige Kinder an.

Viele Eltern fürchten, dass der Besuch einer Förderschule ihrem Kind jegliche Berufschancen nimmt. Tatsächlich haben die Schüler hier die Möglichkeit, ohne Druck und Frustration, die sie gegebenenfalls an einer normalen Schule erfahren würden, einen guten Hauptschul- oder Realschulabschluss zu machen. Förderschulen können von der ersten Klasse an besucht werden. Es gibt auch kostenpflichtige Förderschulen in privater Hand, dazu zählen spezialisierte Internate.

7. Internate (privat)

Das Internat ist wohl die “radikalste” Schulform, hier findet Leben und Lernen an einem Ort statt, nach Hause können die Schüler oft nur an den Wochenenden. Die meisten Internate haben sich auf einen bestimmten Schwerpunkt (Sport, Musik etc.) spezialisiert, bieten ein Leistungsangebot, das weit über den staatlichen Lehrplan hinausgeht, und haben eine umfangreiche Freizeitgestaltung im Gepäck. Außerdem haben sie gute Netzwerke, die es Schülern erleichtern, die richtige Universität oder das passende Unternehmen für die Berufsausbildung zu finden.

Kosten:

Das Schulgeld ist nicht gerade gering und beläuft sich bei den meisten Internaten auf 1.000 bis 3.000 Euro im Monat. Ist die Unterbringung in einem Internat dringend notwendig, ist es möglich, dass das Jugendamt die Kosten übernimmt.

Mögliche Abschlüsse:

Haupt-, Realschulabschluss und Abitur

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

Ist die nächstgelegene Schule zu weit entfernt, oder hat Ihr Kind besondere Stärken oder Schwächen, die am Internat speziell gefördert werden könnten? In solchen Fällen können Sie einen Internatsbesuch in Betracht ziehen. 

Einige Internate können von der ersten Klasse an besucht werden, allerdings ist eine so frühe Loslösung vom Elternhaus nicht zu empfehlen. Bei einer angespannten Eltern-Kind-Beziehung kann eine vorübergehende Trennung durch einen Internatsbesuch für Entspannung sorgen. Sie sollten die Anmeldung an der Schule jedoch niemals als Strafe sehen und kommunizieren.

Tipp: Fragen Sie nach, ob eine Probezeit mit dem Internat vereinbart werden kann, damit sich Ihr Kind das Internatsleben erst einmal unverbindlich anschauen kann. 

8. Internationale Schulen (privat)

In der heutigen Zeit wird es immer wichtiger für Berufseinsteiger, mindestens Englisch, besser noch eine weitere Fremdsprache zu beherrschen. Deshalb erfreuen sich internationale Schulen zunehmender Beliebtheit. Hier findet ein Großteil des Unterrichts in einer anderen Sprache oder zweisprachig statt. Viele Lehrer sind Muttersprachler.

Mögliche Abschlüsse:

Der Schulstoff orientiert sich oft nicht an deutschen Lehrplänen, weshalb die Schüler meist keinen deutschen Abschluss erhalten (in der Regel internationales Abitur “International Baccalaureate”). Trotzdem läuft die Anerkennung durch deutsche Universitäten oder Berufsfachschulen meist problemlos.

Kosten:

Das Schulgeld ist relativ hoch und liegt nach eigenen Angaben zwischen 500 und 1.600 Euro im Monat.

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

Primär richten sich solche Schulen an Kinder von Eltern, die eine andere Muttersprache haben. Aber auch sprachlich talentierte Kinder könnten an dieser Schulform Gefallen finden. Beherrscht Ihr Kind die dort vorherrschende Sprache jedoch nicht fließend, sollten Sie darauf achten, dass alle Fächer zumindest anfangs auch auf Deutsch angeboten werden. 

Früh übt sich: Je jünger die Kinder, desto leichter fällt ihnen das Sprachenlernen. Das ist längst bei Pädagogen und Eltern angekommen: Bilinguale Kitas liegen derzeit voll im Trend und erleichtern den Übergang auf internationale Schulen. Wichtig ist, dass das Konzept stimmt.

Alternativ: Es gibt Schulen, die bestimmte Fächer auf Englisch anbieten (bilingualer Unterricht). Fragen Sie doch einmal bei Ihrer Wunsch-Schule nach.

9. Konfessionelle Schulen (privat)

Konfessionelle Schulen sind an eine Glaubensrichtung gebunden. In Deutschland sind das vor allem die katholische und die evangelische Kirche. Christliche Werte wie Nächstenliebe, Gerechtigkeitssinn und Mitgefühl stehen im Fokus.

Mögliche Abschlüsse:

Haupt-, Realschulabschluss und Abitur

Kosten:

Das Schulgeld fällt verhältnismäßig gering aus und liegt in der Regel weit unter 200 Euro pro Monat. Hier finden Sie alle Infos rund um evangelische und katholische Schulen.

Ist diese Schulform für mein Kind geeignet?

Der Besuch einer konfessionellen Schule ist für Familien geeignet, die Wert auf eine Erziehung im Sinne des Christentums legen. Doch nicht jedes Kind kann mit der dort vorherrschenden Lehrweise umgehen: Lehrer an konfessionellen Schulen haben den Ruf, sehr streng zu sein. Sie sollten sich also – wie bei jeder Schule – immer vorher auch vor Ort einen persönlichen Eindruck verschaffen.

Religiosität ist übrigens keine Voraussetzung, um an einer kirchlichen Schule angenommen zu werden. Die Kinder müssen jedoch am Religionsunterricht teilnehmen und dem Christentum Respekt entgegenbringen.

Manche konfessionelle Schulen sind reine Mädchen- oder Jungenschulen.

10. Alternative Schulformen: besondere pädagogische Konzepte

Der Nachwuchs verbringt heutzutage viel Zeit in der Schule, sodass auch ein Großteil seiner Erziehung dort stattfindet. Welche Schulform Eltern für ihr Kind wählen, hängt deshalb auch von bestimmten Prinzipien ab, die der Lernort vertritt.

► Hier finden Sie einen Überblick über alternative Schulformen in Deutschland (Waldorf, Montessori etc.)

11. Die richtige Schule finden – Tipps und Tricks

Wir hoffen, dass Sie nun eine Vorstellung davon bekommen haben, welche Schulformen für Ihr Kind infrage kommen könnten. Um herauszufinden, welche Schulen es in Ihrer Nähe gibt, können Sie folgende Seiten nutzen:

Wichtig ist: Bleiben Sie gelassen! Setzen Sie sich mit der Auswahl der passenden Schule nicht zu sehr unter Druck, damit die Kids vor allem Vorfreude bei der Schulwahl empfinden. Mit diesen Tipps, ist es auch gar nicht so schwer, die richtige Schule zu finden: In 3 Schritten zur Traumschule

 

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.