Gymnasium trotz Realschulempfehlung?

Katharina Looks

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Die Tochter unserer Leserin hat eine Realschulempfehlung. Trotzdem möchte die Mutter gern, dass sie auf das Gymnasium geht und fragt unsere Experten um Rat.

Elternfrage zum Thema “Gymnasium trotz Realschulempfehlung?”

Hallo scoyo,

es geht um meine 9-jährige Tochter … Sie geht in die 4. Klasse und hat eine Realschulempfehlung. Die IGS hat sie nicht aufgenommen, da angeblich alle Plätze voll waren. Ich habe sie dann auf dem Gymnasium angemeldet. Sie hat in allen Fächern 3er. Sie ist ein sehr intelligentes Mädchen und sehr selbstständig. Ohne meine Hilfe konnte sie ihre Hausaufgaben vollständig machen. Ihre Lehrerin meinte, dass sie es auf dem Gymnasium nicht leicht haben würde. Aber mit einer Unterstützung und Nachhilfe würde sie mehr erreichen. Sie bräuchte auf jeden Fall Unterstützung. Wenn sie eine Aufgabe versteht, dann kann sie das auch gut in den Griff bekommen.

Glauben Sie, dass es meine Tochter auf dem Gymnasium schwer haben würde? Ich muss auch noch dazu schreiben, dass sie eigentlich hauptsächlich 2er in Tests schreibt, aber in letzter Zeit leider schlechte Noten geschrieben hat (4 und 5) … Deshalb hat sie in Deutsch und Mathe eine 3 … In der 3. Klasse hatte sie z. B. in den Hauptfächern Deutsch und Mathe 2 gehabt. Ich denke mir halt, dass sie sich vielleicht bis zu ihrem Abschluss noch um ein, zwei Noten verbessert. Sie übt sehr viel. Ich vertraue meiner Tochter, dass sie das schaffen würde. 🙂 Ich würde aber trotzdem Ihre Meinung hören wollen.

Ach ja, erst kürzlich habe ich sie auf scoyo angemeldet. Sie hat viel Spass dabei 🙂

In der scoyo Lernapp üben Kinder in über 35.000 interaktiven, kindgerechten Aufgaben nach den Lehrplänen der Bundesländer (Klasse 1-7). Die Übungen passen sich dabei dem individuellen Lernstand Ihres Kindes an. Verschiedene Motivationselemente sorgen für weiteren Lernspass.

Gymnasium trotz Realschulempfehlung? Unsere Experten antworten:

Susanne Egert, Psychologin: Leistung realistisch einschätzen, Überforderung vermeiden

© Susanne Egert Um eine Antwort auf Ihre Frage zu finden, möchte ich Ihnen vorschlagen, sich selbst fünf Fragen zu beantworten und so zu einer Beurteilung zu kommen:

1. Wie gut ist die jetzige Klasse Ihrer Tochter? Es gibt ja Unterschiede im Niveau zwischen den Schulklassen und entsprechend muss man das Leistungsniveau des eigenen Kindes im Vergleich zu diesem Leistungsstand sehen. Bei einem hohen Niveau der jetzigen Klasse könnte sie mit ihrer Note ‘3’ möglicherweise erfolgreich sein, besonders wenn die neue Klasse im Verhältnis schwächer wäre. Die Durchschnittsnoten ‘4’ und ‘5’ wären tatsächlich aber kein guter Einstieg ins Gymnasium.

2.  Warum ist sie in letzter Zeit abgesackt? Irgendetwas muss sich verändert haben! Ist sie grundsätzlich überfordert (die Anforderungen werden meist im 4. Schuljahr, besonders im 2. Halbjahr, gesteigert)? Daran ließe sich dann auf Dauer vielleicht nicht so viel ändern und sie wäre deshalb an der Realschule besser aufgehoben. Unterliegt sie gerade (vorübergehenden) besonderen psychischen Belastungen? Hat sie andere, schulunabhängige Interessen, die ihr wichtiger sind? Beides könnte sie vom Arbeiten abhalten bzw. ihre Konzentration beeinträchtigen. Daran ließe sich arbeiten mit Vereinbarungen und Regelungen, die alle Seiten berücksichtigen. Also kein Grund aufs Gymnasium zu verzichten.

3. Welche Schule wird das Kind lieber besuchen? Wenn jemand ständig überfordert ist, wird er früher oder später nicht mehr gern in die Schule gehen, schlimmstenfalls die Lust am Lernen verlieren und dann u. U. ganz hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben. Wenn das Kind gerne in die Schule geht, nimmt es mehr auf, kann besser denken und sein Potential ausschöpfen.

4. Wie geht Ihre Tochter mit Misserfolgen um? Lässt sie sich davon schnell verunsichern und gibt auf? Oder probiert sie weiter, bis ihr etwas gelingt und hält durch? Dann könnte sie auch mal schwächere Leistungen im Gymnasium verkraften.

5. Bräuchte sie von Anfang an Nachhilfe, um das Gymnasium zu schaffen? Wenn ein Kind vorübergehend Nachhilfe benötigt, bedeutet das ja nur eine Überforderung bezogen auf ein bestimmtes Thema. Wenn sie dagegen von Anfang an ohne Nachhilfe das Gymnasium nicht schaffen würde, wäre sie grundsätzlich überfordert. Das sollte man aus den o. g. Gründen vermeiden. Dann wäre es sinnvoller, sie zunächst die Realschule relativ locker, ohne größere Probleme und mit Freude durchlaufen zu lassen. Danach wäre bei einem guten Abschluss der weitere Schulbesuch an einem Fachgymnasium der beruflichen Schulen bis zum vollwertigen Abitur möglich. Hier könnte sie dann, da sie dann mit Glück immer noch gerne lernen würde, ein gutes Abitur machen, das ihr die Türen zum Studium dann auch wirklich öffnet.

Daniel Bialecki, Geschäftsführer von scoyo: Vom “Abitur-Druck” frei machen

Daniel Bialecki © scoyo Erst einmal vorweg: Welche Schule Ihr Kind besuchen soll, können schlussendlich nur Sie selbst entscheiden. Sie kennen Ihr Kind am besten. Aber: Horchen Sie genau in sich hinein: Fragen Sie sich selbst, warum es Ihnen so wichtig ist, dass Ihr Kind ein Gymnasium besucht. Überlegen Sie, ob das auf Dauer wirklich das Beste für Ihr Kind ist. Versuchen Sie dabei auch, sich vom ‘Abitur-Druck’ freizumachen: Es gibt viele Wege dorthin, auch ohne Gymnasium.

Sprechen Sie auch noch einmal intensiv mit den Lehrkräften Ihrer Tochter, nehmen Sie deren Einschätzung ernst. Welche Ursachen hat der Leistungsabfall Ihres Kindes? Betrachten Sie ehrlich die gesamte Grundschulzeit: Musste Ihre Tochter immer schon viel dafür tun, um Schritt zu halten? Oder kam sie überwiegend mühelos mit? Natürlich kann die Leistung auch mal punktuell absinken, wenn zum Beispiel gerade andere Dinge im Leben Ihrer Tochter wichtiger für sie sind. Aber es kann auch bedeuten, dass sie zu viel leisten muss, um mit den erhöhten Anforderungen ab der 3. Klasse ohne weiteres zurecht zu kommen.

Auf dem Gymnasium werden die Leistungsanforderungen erheblich steigen. Natürlich spricht nichts dagegen, sich auch mal anzustrengen. Aber wenn Ihre Tochter sich bereits fortwährend massiv anstrengt, kann das Gymnasium schnell zu einer dauernden Überforderung werden. Zum Vergleich: Beim Sport ist es auch okay, zu schwitzen. Aber niemand kann einen Marathon nach dem anderen laufen.

Wählen Sie daher eine Schulform, bei der Ihre Tochter nicht immer hinterherrennen muss, sondern die Ihrem Kind Zeit und Raum gibt, sich zu entwickeln – und die Zeit für andere Aktivitäten lässt. Gerade strengt sich Ihre Tochter an und lernt sehr motiviert, auch mit scoyo. Das ist toll. Damit die Motivation bleibt, braucht Ihr Kind Erfolgserlebnisse. Wenn es permanent überfordert ist und der Erfolg ausbleibt, verliert es irgendwann den Glauben an sich selbst. Das ist es nicht wert.

Falko Stolp, Schulleiter: Die Schule wählen, in der das Kind sich wohlfühlt

© Falko Stolp Das ist leider die Krux mit dem gegliederten Schulsystem in Deutschland und dazu noch die vielen verschiedenen Schularten in den einzelnen Bundesländern. Zunächst muss man sich immer wirklich bewusst sein, dass diese Schulentscheidung genau überlegt werden will. Ein Scheitern bzw. dann nochmaliger Schulwechsel sollte man seinem Kind ersparen.

Ein erhöhter Leistungsdruck von Anfang an ist gesundheitlich bedenklich. Hier einen Rat zu geben, ist sehr schwer. Man kennt zudem die regionale Situation mit seinen Besonderheiten nicht.

Meiner Ansicht nach ist es wichtig, dass das Kind mit Freude zur Schule geht (Lernen und Mitschülern) und möglichst oft das Gefühl hat, den Anforderungen gewachsen zu sein. Das ist Gold wert für das Selbstwertgefühl.

Leider wird heutzutage von den Erwachsenen hinsichtlich der Schulbildung zu viel Druck auf die Kinder ausgeübt. Da spielt oft das gute „dastehen“ gegenüber Nachbarn, Bekannten und Verwandten eine große Rolle. Davon darf man sich nicht treiben lassen. Ziel sollte sein, ein Umfeld in der Familie und der Schule zu schaffen, in dem sich das Kind wohlfühlt. Da wird es auch mit dem Lernen und dem Erfolg meist etwas.

Die Bedeutung der Zensuren wird leider auch übertrieben. Meist sind das nur Zensuren, die die Sachkompetenz widerspiegeln. Was nutzt eine gute Zensur, wenn man dann Defizite in der Sozial- oder Selbstkompetenz hat? Schauen Sie sich die Schulen mit Ihrem Kind an. Informieren Sie sich, welches Konzept bzw. Profil die Schule hat und ob sie gegenüber neuen pädagogischen Möglichkeiten aufgeschlossen ist. Bemühen Sie sich als Eltern um Gelassenheit. Viele Wege führen zu einem guten Schulabschluss, egal welcher Art.

Für die Extraportion Übung: scoyo Lernapp mit über 35.000 interaktiven Aufgaben nach Lehrplan (Klasse 1-7), die sich dem Lernstand Ihres Kindes anpassen.

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.