Mehr Motivation durch selbstbestimmtes Lernen

Katharina Looks

scoyo-Geschäftsführer Daniel Bialecki
© scoyo

Was bedeutet selbstbestimmtes Lernen, welche Schulen legen Wert auf dieses Konzept und wie können Eltern diese Art zu lernen auch Zuhause fördern? scoyo-Geschäftsführer Daniel Bialecki gibt Antworten.

Inhalt dieses Artikels:

Der Grundgedanke vom selbstbestimmten Lernen

Das Konzept des selbstbestimmten (oder auch selbstregulierten) Lernens stammt aus der Reformpädagogik und entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts. Bis heute prägen die bis dato neuen Gedanken Schule und Unterricht entscheidend mit. Im Zentrum der sich gegen herkömmliche Unterrichtsmodelle wendenden Denkweise steht die Selbsttätigkeit des einzelnen Kindes: So sollen Schüler allein bestimmen, wie, wann, wo und mit wem sie lernen wollen. 

Dabei fordern Reformpädagogen wie Johann Heinrich Pestalozzi, Friedrich Fröbel, Maria Montessori und Célestin Freinet die Abschaffung von Lehrplänen und Noten: Kinder sollten ihre Lernziele selbst festlegen können und ihren individuellen Interessen sowie ihrem eigenen Lernrhythmus folgen. Viele von ihnen gründeten eigene Kindergärten und/oder Schulen, in denen sie ihre pädagogischen Konzepte und Ideen in die Praxis umsetz(t)en.

Motivation durch freies Lernen? Wie kann das funktionieren?

Hinter dem Konzept des selbstbestimmten Lernens steht der Gedanke, dass Kinder von sich aus gern lernen, wenn sie es denn selbstmotiviert tun können. „Alles, was wir mit Freude machen, fällt uns leicht“, betont auch scoyo-Geschäftsführer Daniel Bialecki und erklärt, dass Kinder viel weniger Kraft in ihre Lernmotivation stecken müssten, wenn sie sich mit Inhalten beschäftigen, die ihnen gefallen. Auf diese Weise könnten sie ihre Energie und Konzentration auf das eigentlich Wichtige lenken: den Lerngegenstand.

Generell treten Lehrkräfte und Eltern bei reformpädagogischen Lernmodellen von ihrer dominierenden Rolle zurück: Statt vorzugeben und zu kontrollieren, beobachten sie, helfen und fördern individuelle Stärken und Schwächen.

Selbstbestimmtes Lernen auch zu Hause fördern 

Vertrauen statt Kontrolle

Selbstbestimmtes Lernen setzt bedingungsloses Vertrauen in mein Kind voraus“, erklärt auch Daniel Bialecki, doch gerade das fällt vielen Eltern und auch Lehrern schwer. „Kinder wollen lernen“, so der Familienvater. Sie entwickeln eigene Lernstrategien und Erklärungsmodelle, die wir als Eltern versuchen sollten, zu akzeptieren, auch wenn es nicht immer einfach ist.

Der Geschäftsführer von scoyo fordert Eltern dazu auf, ihren Kindern die Möglichkeit zu geben, eigene Wege zu finden, verschiedene Ansätze auszuprobieren und dabei die eigene Kreativität anzuwenden. Er begreift Spaß und Interesse an einem Thema als Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen.

Richtig eingesetzt: Neue Medien fördern Motivation

Jede Form von Unterstützung, die ich zum Thema selbstbestimmtes Lernen zu Hause gebe, (…) ist per se gut“, ermutigt Bialecki Eltern. Dazu gehören Rahmenbedingungen wie ein kindgerechter, ruhiger Arbeitsplatz und Vertrauen vonseiten der Eltern, aber auch innovative Lernimpulse, wie sie die Neuen Medien bieten.

Technische Hilfsmittel wie Computer, Tablets etc. haben den Riesenvorteil, dass Kinder sie gerne nutzen.“ Auch eine von scoyo in Auftrag gegebenen Studie zeigt, dass Kinder, die mit Online-Lernplattformen arbeiten, oftmals eine positive Motivation und eine hohe Anfangsbegeisterung haben. Sie lassen sich eher auf ein Thema ein. 

Hinzu kommen die vielfältigen Möglichkeiten, die das Zusammenspiel von Text, Bild und Ton bei der Aufbereitung von (Schul-)stoff bietet. Diese „lebendige Art, Wissen zu vermitteln“ fördert die Bereitschaft zu lernen, da Kinder ihren eigenen Rhythmus finden und individuellen Interessen folgen können.

Kindern „den Rücken stärken”

Die wichtigste Förderung ist für Bialecki aber, seinem „Kind Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen mit an die Hand zu geben“, ganz nach dem Motto der Reformpädagogin Maria Montessori: „Hilf’ mir, es selbst zu tun!“.

Im Video-Interview: Daniel Bialecki zum Thema Motivation durch selbstimmtes Lernen

Auch Daniel Bialecki widmet sich dem Thema und gibt Antworten auf die Frage, warum die Lernmotivation gerade dann einen Aufschwung erhält, wenn Kinder das lernen dürfen, was sie interessiert:

Das Interview entstand im Rahmen einer Kooperation mit dem Verein Leidenschaftliches Lernen e. V.:

scoyo unterstützt den Verein bei der Produktion des Films „Schools of Trust – Free to be me | Vertrauen ins Lernen“. Im Mittelpunkt der Dokumentation steht die Frage, ob es Schulen gibt, an denen Kinder gern lernen. Um diese zu beantworten, reisten die Initiatoren durch Deutschland, die Niederlande, Puerto Rico, Brazilien und Israel, besuchten über 15 innovativen Lernorte und führten Interviews mit Schülers, Eltern, Lehrern sowie renommierten Bildungsvisionären. Mit der Dokumentation wollen sie zeigen, wie wichtig es ist, jungen Menschen zu erlauben, ihre natürliche Neugier zu entfalten, damit sie Lernen nachhaltig als etwas Positives empfinden.

Selbstbestimmtes Lernen – welche Schulen bieten das?

Reformpädagogische Konzepte wie das selbstbestimmte Lernen sind heute aktueller denn je und werden mittlerweile auch an vielen staatlichen Regelschulen umgesetzt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Offenem Lernen“ oder „Offenem Unterricht“. Die häufigsten Formen des selbstbestimmten Lernens in der Schule sind:

  • Freiarbeit: Schüler wählen ihren Lerninhalt entweder ganz frei oder aus einem Materialpool aus und bearbeiten diesen.
  • Wochenplan: Beim Wochenplan müssen Schüler innerhalb einer Woche selbst gewählte Aufgaben erledigt haben. Sie organisieren sich das Lernen dabei selbst.
  • Stationenlernen: Stationen bezeichnen bei diesem Typ des selbstbestimmten Lernens unterschiedliche Arbeitsaufträge oder Themen, die von den Schülern bearbeitet werden. Sie wählen dabei selbst aus, in welcher Reihenfolge, mit wem und wann sie die einzelnen Pflicht- und Wahlaufgaben erledigen.

Weitere Formen des selbstbestimmten Lernens sind der Projektunterricht, das entdeckende Lernen und das Lernen durch Lehren.

Reformpädagogische Schulen wie Montessori- und Waldorfschulen oder auch die sogenannten Freien Schulen gehen noch einen Schritt weiter: An diesen Schulen wird nicht nur selbstbestimmt gelernt, sondern auch selbstbestimmt organisiert und verwaltet. Einige dieser Schulen verzichten ganz auf Noten, feste Stundenpläne und feste Unterrichtszeiten.

Bei der Auswahl einer passenden Schule rät Bialecki den Eltern, sich „ein Bild von den Lehrern zu machen“. Wer den Lehrkräften Vertrauen entgegenbringe, entscheide sich für die richtige Schule – ganz gleich, ob Montessori-, Waldorf- oder Regelschule. 

Film-Tipp: Dokumentation Alphabet

Der Dokumentarfilm Alphabet von Erwin Wagenhofer behandelt genau dieses Thema und geht dabei noch einen Schritt weiter. Wagenhofer kritisiert in teils erschreckenden Bildern die Leistungsgesellschaft von heute und stellt gleichzeitig Protagonisten vor, die einen ganz anderen Weg gegangen sind, weitab von Noten und Lernzielen. Der Film hinterlässt in jedem Fall seine Spuren und regt zum Nachdenken an. Er trifft den Nerv der Zeit. 

Auszug Website: 

“Doch die einseitige Ausrichtung auf technokratische Lernziele und auf die fehlerfreie Wiedergabe isolierter Wissensinhalte lässt genau jene spielerische Kreativität verkümmern, die uns helfen könnte, ohne Angst vor dem Scheitern nach neuen Lösungen zu suchen.” www.alphabet-film.com

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.