Rasenmäher-Eltern: Kindererziehung mit Folgen

Louisa Eberhard

Die Rasenmäher-Eltern
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Die Familie der Helikopter-Eltern hat Zuwachs bekommen – der Sprössling nennt sich Rasenmäher-Eltern. Rasenmäher-Eltern bezeichnet ein relativ neuartiges Phänomen bei der Erziehung von Kindern und kann als Steigerung der Helikopter-Eltern verstanden werden.

In diesem Artikel

Was sind Rasenmäher-Eltern eigentlich?

Während Helikopter-Eltern ständig präsent sind, um ihre Kinder vor potentiell lauernden Gefahren zu schützen, sind Rasenmäher-Eltern schon einen Schritt weiter: Sie mähen die Probleme ihrer Kinder einfach weg. Das kann sich in mehreren Situationen äußern: Das wohl häufigste Beispiel ist das Übernehmen von Hausaufgaben, um seinem Kind eine gute Note zu verschaffen beziehungsweise ihm eine schlechtere Bewertung und die daraus entstehende Enttäuschung zu ersparen. Oft wird auch vorschnell in Konfliktsituationen mit anderen Kindern eingegriffen. Verständlich, aber nicht ratsam.

Warum werden Eltern zu Rasenmäher-Eltern?

Natürlich schaden Rasenmäher-Eltern ihren Kindern nicht absichtlich. Auch dieser Erziehungsstil wird nur aus Liebe gewählt. Denn jedes Elternteil kann sich vorstellen, wie schön es wäre, wenn das eigene Kind keine Enttäuschungen erleben müsste. Eltern wünschen sich außerdem für ihre Kinder eine gesicherte Zukunft –gute Noten werden dafür oft als eine Voraussetzung gesehen. Da liegt es nahe, das Risiko von schlechten Noten vermeiden zu wollen und selbst mal zum Stift zu greifen.

Was sind die Folgen dieser Erziehung?

Auch wenn jede Maßnahme der Rasenmäher-Eltern gut gemeint ist – es entstehen negative Folgen für ihre Kinder. Speziell beim Beispiel Hausgaben, sind diese leicht zu erklären: Wenn Eltern die Hausgaben für ihr Kind erledigen, wird damit dem Kind zu verstehen gegeben, es sei nicht fähig, die Aufgabe allein zu bewältigen. Diese Botschaft verfestigt sich im Kopf und es entsteht eine negative Grundhaltung zum Lösen von Aufgaben. Das schürt nicht nur Zweifel an den eigenen Fähigkeiten, sondern nimmt jegliche Motivation.

Fehler als Lernerfahrung betrachten

Mit dieser Handlungsweise wirkt sich großer Druck auf die Kinder aus: Sie bekommen das Zeichen, dass Scheitern und Fehler um jeden Preis vermieden werden müssen. So entsteht in der Schule immer häufiger die Situation, dass Kinder ihre Aufgaben trotzig und wütend abbrechen. Denn wer eine schwierige Aufgabe nicht bis zum Ende durcharbeitet, kann ja keine Fehler machen. Für Kinder ist es wichtig, die Erfahrung zu machen, dass Fehler zwar lästig, aber kein Weltuntergang sind. Jeder Fehler kann hier als wichtige Lernerfahrung betrachtet werden, sowohl im schulischen als auch im sozialen Sinn. Anregungen, wie Sie Ihr Kind beim Hausaufgaben machen trotzdem unterstützen können, finden Sie in unserer Podcastfolge #10: Hausaufgaben ohne Stress.

Kindern mit Rasenmäher-Eltern fällt es häufig schwer, selbstständig zu arbeiten
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Nicht nur in der Schule versuchen Eltern, Konfliktsituationen für ihre Kinder zu lösen. Dies ist besonders häufig auf Spielplätzen zu beobachten: Streiten sich zwei Kinder um eine Schaufel, ist es nicht ratsam, sofort einzuschreiten. Oft klären das die Kinder ganz allein. Studien ergaben, dass Kinder, denen diese Konflikte abgenommen wurden, später sehr viel schwieriger Freundschaften schließen konnten, als Kinder, die gelernt haben, Konfliktsituationen selbstständig zu lösen. Sie können Ihr Kind unterstützen, in dem Sie seine Selbstständigkeit fördern und Selbstbewusstsein vermitteln.

Folgen bis ins späte Alter

Kindern, denen Probleme und Entscheidungen häufig abgenommen wurden, besitzen als Erwachsene nicht die Fähigkeit und den Mut, im Alltag eigene Entscheidungen zu treffen – sie mussten es ja nie tun.  Selbst kein Risiko zu tragen, ist doch so viel einfacher. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass Kinder von Rasenmäher-Eltern im späteren Leben selten bei sich die Schuld für falsch gelaufene Dinge suchen. Davon abgesehen ist auch die völlige Überforderung der Kinder bei Scheitern oder Fehlern problematisch – im späteren Alter können so häufig psychische Probleme entstehen.

Was können Sie tun, wenn Sie sich selbst erkannt haben?

Fühlen Sie sich ertappt? Schmeißen Sie selbst manchmal den Rasenmäher an? Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung! Rasenmäher-Eltern sind keine schlechten Eltern. Auch hier gilt: Ihr Antrieb ist die Liebe zu ihrem Kind. Trotzdem ist es wichtig, dass Sie, falls Sie sich nun doch wiedererkannt haben, einen Richtungswechsel einschlagen. Seien Sie für Ihr Kind da, wenn es fällt und helfen ihm wieder auf – aber lassen Sie es allein laufen. Gestehen Sie Ihrem Kind Fehler und falsche Entscheidungen zu, denn daran wird es wachsen und lernen. Vertrauen Sie auf die Kompetenz Ihres Kindes und versuchen Sie, Ihre Angst zu überwinden. Das ist zwar viel einfacher gesagt als getan, aber so kann sich Ihr Kind zu einer starken Persönlichkeit entwickeln und frei entfalten.

Louisa Eberhard

Louisa Eberhard kommt aus Berlin und studiert nun in Hamburg Sozialwissenschaften. Sie beschäftigt sich vorrangig mit den Themen Erziehung, Bildungswesen und Familienalltag.